Die Welt der Bronzezeit: Babylonien

Während der letzten Monate konnte ich die Arbeit an meiner nächsten großen Wandkarte "Die Welt der Bronzezeit" fortsetzen und dabei gut damit vorankommen. Trotz der in Form meiner vorhergehenden Karte Das alte Ägypten zur Zeit des Neuen Reichs bereits geleisteten Vorarbeit, bleibt dies ein sehr umfangreiches Projekt. Ich hoffe die Karte im Laufe des Winters fertigstellen zu können, aber wahrscheinlicher wird es wieder Sommer werden bis eine vollständige Version für Drucke zur Verfügung steht. 

Gegenwärtig liegt der Fokus auf den beiden Großmächten Mesopotamiens, dem Mittelassyrischen Reich und dem kassitischen Babylonien, sowie insbesondere der Rekonstruktion der sie umgebenden Landschaft. Als nächste Schritte ist geplant das Gebiet Elams und des Hethiterreichs zu bearbeiten. Sobald dann das Grundgerüst in Form sämtlicher Großmächte jener Zeit vollendet ist, gilt es schließlich die sie umgebenden Kulturen wie auch die Fernhandelswege einzutragen, über welche essentielle Rohmaterialien in den Nahen Osten gelangten. Der Fernhandel wird auch der Schwerpunkt einer Nebenkarte sein. Im kleineren Maßstab soll sie einen weiter gefächerten Blick ermöglichen und  das ganze Gebiet zwischen Cornwall und Afghanistan abdecken, den fernen Quellen des unverzichtbaren Zinns aber auch exotischer Güter wie dem Schmuckstein Lapis Lazuli.

Auch wenn die Karte primär dazu gedacht ist die Welt der späten Bronzezeit wiederzugeben und die politischen Grenzen der Situation um das 1250 v. Chr. entsprechen, werden trotzdem auch ältere Stätten verzeichnet sein. Wenn immer das Möglich ist werden auch berühmte und nicht ganz so berühmte bereits aufgegebene Städte, Bergwerke oder Steinbrüche der frühen und mittleren Bronzezeit mit abgebildet werden.

Noch unfertig: Das südliche Mesopotamien in der späten Bronzezeit

In Babylonien war die nahezu 400 jährige Herrschaft der kassitischen Dynastie die bisher stabilste Periode in einer schon mehr als 2000 Jahre zurückreichenden Geschichte. Karduniaš, ein Ausdruck der, ähnlich wie Imperium Romanum über 1000 Jahre später, ursprünglich nur das von den frühen kassitischen Königen beherrschte Gebiet bezeichnete, wurde zum Synonym für das gesamte ehemals nur als Sumer und Akkad bekannte Land.  Das südliche Sumer befand sich dabei bereits seit dem Ende der altbabylonischen Epoche im Niedergang und viele seiner Städte wurden aufgegeben. Den bedeutendsten gemeinsam war, dass sie alle am oder nahe des wichtigsten Tigris Arms lagen.  

Ein bedeutender Aspekt der neuen Karte ist die Rekonstruktion der bronzezeitlichen Landschaft. Die letzten 6000 Jahre sahen nicht nur den Aufstieg und Fall unzähliger Regierungen sowie ganzer Zivilisationen, sondern auch dramatische Veränderungen ihrer Umwelt. In Jahrtausenden natürlichen Wandels und menschlicher Eingriffe formte sich, durch sich ändernde Flussläufe und die Erosion und Deposition von Sedimenten, eine äußerst komplexe Landschaft, welche erst langsam durch die moderne Wissenschaft entziffert wird. Bisher konnten bereits 11 Avulsionen der Flüsse Tigris (5), Euphrat (4), Diyala (1) und Adhaim (1) in den letzten 7000 Jahren identifiziert werden (Jotheri 2016).

Stark mäandrierend nähert sich der Arahtum, einer ehemaliger Euphratarm, Eridu von Nordosten, wie gut auf den über Google Earth abrufbaren Satellitenbildern zu sehen ist. Auch wenn es heute vergleichsweise einfach ist alte Flussbetten aufzuspüren, braucht es doch aufwendigere Sedimentuntersuchungen oder Ausgrabungen archäologischer Stätten entlang ihres Laufs um sie präzise datieren zu können.  

Ursprünglich floss der Hauptarm des Tigris in mitten der Schwemmlandebene und das Wasser des Flusses konnte zur Bewässerung großer Flächen genutzt werden, bis der Fluss im 2. Jahrtausend vor unserer Zeit seinen Lauf änderte. Das Tal des modernen, viel weiter östlich liegenden, Flussbettes liegt im Bereich zwischen Baghdad und Kut wesentlich tiefer als das es umgebende Land. In parthischer und sassanidischer Zeit wurde es primär genutzt überschüssiges Wasser abzuleiten, welches aus vom Euphrat im Westen oder dem Nahrawan Kanal im Osten herführenden Bewässerungskanälen stammte.

Wann genau die Änderung des Flusslaufs erfolgte lässt sich bisher nicht exakt datieren. Wahrscheinlich waren beide Arme eine zeitlang gleichzeitig aktiv. In einem in die Kassitenzeit datiertem Brief aus Nippur, nördlich der aufgebenen Städte am alten Tigrislauf gelegen, wird der Fluss noch als in der Nähe liegende Quelle für Wasser zu Bewässerungszwecken genannt. 

Eine ähnliche Situation ist besser für den antiken Euphrat in römischer Zeit bezeugt. Seit etwa 125 v. Chr. spaltete sich der Fluss nördlich von Babylon in zwei Arme auf. Hauptsächlich floss das Wasser nun über den neuen Sura Arm, welcher dem alten von Menschenhand angelegten Nar Banitu Kanal Richtung Kiš folgte, um sich nördlich von Kut mit dem Tigris zu vereinen. Jedoch führte auch der alte Arahtum Arm, der südlich durch Babylon in Richtung des Persischen Golfes floss, noch Wasser. Er erreicht allerdings nicht mehr das Meer, sondern verlor sich in den Sümpfen Südmesopotamiens (Plinius NH V.21).

Aus SRTM Daten gebildetes Höhenmodell. Im Osten ist klar der gegenwärtige Flusslauf des Tigris zu erkennen, während sich westlich davon ein ehemaliges Bett mit dran aufgereihte archäologischen Stätten abzeichnet. Sobald der ungefähre im Zeitraum der Karte aktive antike Lauf aus der Literatur identifiziert wurde (rote Linie), können solche Daten dazu benutzt werden akkurate und natürlich aussehende Vektordaten für die Landkarte zu erzeugen. Der Wechsel zwischen den beiden Flussbetten erfolgte etwa im 13. Jahrhundert nach der Zeitenwende. 

Literatur

  • P.-A. Beaulieu, A History of Babylon, 2200 BC - AD 75, Blackwell History of the Ancient World, John Wiley and Sons Ltd (2018
  • R. D. Biggs, A Letter from Kassite Nippur, Journal of Cuneiform Studies Vol. 19, No. 4 (1965), 95-102. 
  • H. Gasche, M. Tanret, S. W.Cole, K. Verhoeven, Fleuves du temps et de la vie. Permanence et instabilité du réseau fluviatile babylonien entre 2500 et 1500 avant notre ère, in Annales. Histoire, Sciences Sociales. 57ᵉ année, N. 3 (2002), 531-544.
  • J. Hamza Abdulhussein Jotheri, Holocene avulsion history of the Euphrates and Tigris rivers in the Mesopotamian Floodplain, Durham theses, Durham University (2016), http://etheses.dur.ac.uk/11752/
  • V. M. A. Heyvaert, C. Baeteman, A Middle to Late Holocene avulsion history of the Euphrates river: a case study from Tell ed-Der, Iraq, Lower Mesopotamia, Quaternary Science Reviews 27 (2008), 2401–2410.
  • J. Pournellein, Physical Geography of the Sumerian World, in H. Crawford (ed.), The Sumerian World, Routledge (2012), 13-33,
  • P. Steinkeller, New Light on the Hydrology and Topography of Southern Babylonia in the Third Millennium, Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie, Volume 91, Issue 1 (2001), 22–84.

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